Ab welcher Überschreitung des Verkehrswertes liegt bei einem Grundstücksgeschäft eine Sittenwidrigkeit wegen Wuchers vor?

Der Immobilienmarkt boomt – jedenfalls in bestimmten Teilen Deutschlands. Insbesondere im Marktsegment Eigentumswohnungen sind Jahr für Jahr hohe Zuwächse zu verzeichnen. Anders als im Mietwohnungsmarkt (Kappungsgrenzen-Verordnung, Mietpreisbremse) hat der Staat noch nicht eingegriffen. Gleichwohl gibt es auch hier eine Grenze, die bestimmte Geschäfte für nichtig ansieht. Dies dann, wenn sie sich als sittenwidriger Wucher nach § 138 BGB darstellen. Zu klären ist in jedem Einzelfall aber, wo diese Grenze liegt.

Was sagen die Gerichte?
Der BGH hatte sich mit einem solchen Fall zu beschäftigen (V ZR 249/12). Der Verkäufer einer Eigentumswohnung hatte diese zwei Monate vor dem Weiterverkauf für EUR 53.000,00 erworben. Im Weiterverkauf erzielt er einen Kaufpreis von EUR 118.000,00. Der objektive Verkehrswert der Wohnung lag bei EUR 65.000,00. Wegen Wucher wollte der Käufer den Kaufvertrag rückabwickeln. Damit kam er beim BGH nicht durch. Für das Vorliegen von Wucher bedarf es eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sowie einer verwerflichen Gesinnung des einen Vertragspartners. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, wird auf eine verderbliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen. Das vorher zuständige Oberlandesgericht hatte zwar ein grobes Missverhältnis bejaht, konnte aber keine verwerfliche Gesinnung feststellen. Dies sah der BGH anders: Eine Überteuerung von 80% – wie   im entschiedenen Fall – begründet für sich allein die Annahme eines besonderen Missverhältnisses noch nicht. Bezug nehmend auf eine frühere Entscheidung (V ZR 437/99) geht der BGH davon aus, dass von einem Missverhältnis erst die Rede sein kann, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung. 80% Überschreitung reichen also noch nicht aus.

Praxishinweis:
Die Entscheidung bedeutet nicht, dass eine Verkehrswertüberschreitung von 80% generell nicht für die Annahme eines Wuchertatbestandes ausreicht. Treten weitere Umstände hinzu, die auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten schließen lassen, so kann gleichwohl der Wuchertatbestand gegeben sein.