Kann der Mieter auch einen vor Gericht geschlossenen Räumungsvergleich widerrufen?

Seit der Neufassung der Verbraucherschutzvorschriften mit der am 13.06.2014 in Kraft getretenen Gesetzesänderung sind Verträge über die Vermietung von Wohnraum vom Anwendungsbereich der Widerrufsvorschriften gemäß § 312 Abs. 4 Satz 1 BGB erfasst. Unter den dort geregelten Voraussetzungen kann der Mieter also beispielsweise den Abschluss eines Mietvertrages widerrufen, und zwar innerhalb von einem Jahr und zwei Wochen, wenn ihm keine Widerrufsbelehrung durch den Vermieter erteilt wurde.
Viele Details sind noch nicht geregelt. Auszugehen ist beispielsweise aber davon, dass das Widerrufsrecht auch für den Fall gilt, dass der Mieter einer Mieterhöhung zustimmt.
Auch Mietaufhebungsverträge zwischen Vermieter und Mieter zur Beendigung eines Mietverhältnisses dürften unter die Widerrufsvorschriften fallen. Die Frage stellt sich dabei, ob dies auch dann gilt, wenn der Mietaufhebungsvertrag im Wege eines Räumungsvergleichs vor Gericht geschlossen wird.

Was sagen die Gerichte:
Das AG Hanau hat sich zu dieser Problematik nun sehr umfassend geäußert (34 C 223/15 vom 06.08.2015).
Ein Mieter hatte vor Gericht einen Räumungsvergleich rechtskräftig geschlossen und wollte diesen später unter Hinweis auf das Widerrufsrecht nach den §§ 312 ff., 355 BGB widerrufen.
Das Gericht gelangte zu der Auffassung, dass der vor Gericht geschlossene Vergleich als ein Mietaufhebungsvertrag anzusehen sei. Auf einen Mietaufhebungsvertrag sei grundsätzlich das Widerrufsrecht anwendbar.
Allerdings sei das Widerrufsrecht im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Dem Mieter (Verbraucher) stehe ein Widerrufsrecht dann nicht zu, wenn der Vertrag notariell beurkundet worden sei. Das Gericht kam zu der Auffassung, dass die richterliche Protokollierung im Prozess der Beurkundung gleichstehe.
Dieses Ergebnis ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, aus der das Gericht ausführlich zitiert.

Praxishinweis:
Die Entscheidung ist richtig. Es wäre kaum vermittelbar, wenn ein Mieter einen vor Gericht geschlossenen Räumungsvergleich unter Hinweis auf das Widerrufsrecht widerrufen könnte.
Praxisrelevant für Vermieter und Verwalter ist aber vor allem, dass das Amtsgericht den Mietaufhebungsvertrag als für den Mieter widerrufbar einstuft. Dies bedeutet, dass auch Mietaufhebungsverträge künftig vorsichtshalber mit einer Widerrufsbelehrung versehen werden sollten.