In einer Werdenden WEG haben Erwerber von Eigentumswohnungen die gleichen Rechte und Pflichten wie eingetragene Eigentümer
Zwischen dem Kauf einer Eigentumswohnung, der Besitzübergabe und dem Eigentumseintrag ins Grundbuch liegen häufig mehrere Monate. Auch kaufen nicht alle Eigentümer gleichzeitig ihre vier Wände. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), die sich um die Geschicke der Wohnanlage kümmert, entsteht erst, wenn mindestens ein Käufer als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen ist. Sie besteht dann aus diesem Erwerber und dem Aufteiler. Bei Neubauten ist dies in der Regel der Bauträger; bei Bestandsimmobilien der Wohnungsverkäufer. Die übrigen Käufer können mangels Eigentümerstellung noch nicht Mitglied dieser WEG sein und mitbestimmen.
Die Rechtsprechung behilft sich in diesen Fällen mit einer „Krücke“ und hat seit 2008 für diesen Zwischenzustand den Begriff der Werdenden WEG geprägt. Im Wohnungseigentumsgesetz gibt es hierzu keine Regelung. Die geplante Reform des Gesetzes soll Klarheit bringen. Bis dahin muss man sich an der Rechtsprechung orientieren.
Eine Werdende WEG entsteht, wenn das erste Mal Wohneigentum geschaffen wird, also ein Mehrfamilienhaus neu errichtet oder ein Mietshaus in Eigentumswohnungen umgewandelt wird.
Mitglied dieser Werdenden WEG werden Käufer, denen die Wohnung übergeben und für die bereits eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen wurde. Auf die Eintragung als Eigentümer kommt es also nicht an. Da es bei Neubauten häufig Streit über Mängel gibt und der Käufer deshalb die letzte Kaufpreisrate nicht zahlt, verzögert sich die Eintragung. Dies soll dem Erwerber, der die Wohnung bereits bezogen hat, nicht zum Nachteil gereichen. Er soll trotzdem in Eigentümerversammlungen mitbestimmen und andererseits die auf seine Wohnung entfallenden Lasten und Kosten tragen.
Die WEG in spe hat die gleichen Rechte und Pflichten wie eine klassische WEG. Sie organisiert Eigentümerversammlungen, kann den – zumeist vom Bauträger eingesetzten – Verwalter ggf. abberufen, Wirtschaftspläne erstellen und die Hausgelder beschließen. Wichtig ist für die entstehende Eigentümergemeinschaft, dass anfallende Bewirtschaftungskosten und Gebühren beglichen werden können.
Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage, bis wann ein Erwerber Mitglied der Werdenden WEG werden kann. Verkaufsprozesse ziehen sich manchmal hin. Es ist also denkbar, dass ein Nachzügler seinen Kaufvertrag erst abschließt, wenn ein früherer Käufer bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Dann ist eine WEG aus Aufteiler und Ersterwerber entstanden. Diejenigen Käufer, die zu diesem Zeitpunkt bereits Mitglieder einer Werdenden WEG waren, verlieren ihre Stellung nicht. Die Frage ist aber, ob der Nachzügler noch Mitglied dieser Werdenden WEG werden kann, wenn eine Auflassungsvormerkung eingetragen wurde und er die Wohnung erhalten hat. Das LG Berlin (53 S 44/18 WEG) hat dazu entschieden, dass dieser Nachzügler nicht als werdender Eigentümer zu behandeln ist.
Im Rahmen der anstehenden WEG-Reform sollte sich der Gesetzgeber Gedanken zu diesem Problem machen.
von Rechtsanwalt Kai-Peter Breiholdt,
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Breiholdt Rechtsanwälte, Berlin