gibt es für den Gewerbemieter kaum Möglichkeiten, die Vollstreckung zu verhindern oder auch nur zu verzögern.
1. Keine Räumungsfrist (§ 721 ZPO)
Die wichtigste Schutznorm, die sog. Räumungsfrist gilt bei Geschäftsräumen nicht.
2. Sicherheitsleistung / Abwendungsbefugnis (§§ § 708 Nr. 7, 711 ZPO) – hilft nicht wirklich
Räumungsurteile sind auch in Geschäftsraumsachen für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung zu erklären. Zwar gibt es für den Mieter die sog. „Abwendungsbefugnis“. Das Gericht muss aussprechen, dass der Mieter „die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet“. Nur hilft das dem Mieter nichts, wenn der Vermieter die Sache durchzieht: Der Mieter kann den Vermieter letztlich nur zur Sicherheitsleistung zwingen, nicht aber die Vollstreckung verhindern.
Zur Erläuterung: Die Abwendungsbefugnis soll den Schuldner davor schützen, dass der Gläubiger aus dem (noch nicht rechtskräftigen) Urteil vollstreckt, ohne Sicherheit zu leisten. Aber der Gläubiger hat ja einen Titel erwirkt, der ihm die Vollstreckung erlaubt. Daher wird seinen Interessen der Vorrang eingeräumt. Die Regelungen über die Sicherheitsleistung dienen (nur) der Sicherung der Realisierbarkeit der titulierten Ansprüche, nicht der Sicherung der materiellen Forderung. Deshalb kann der Gläubiger nur zur Sicherheitsleistung gezwungen werden, aber nicht an der Vollstreckung gehindert werden. Der Mieter kann versuchen, die Sache zu verzögern: Leistet er Sicherheit, ist die Zwangsvollstreckung des Vermieters unzulässig, so lange der Vermieter nicht selbst Sicherheit leistet. Aber der Vermieter kann vollstrecken, sobald er Sicherheit leistet – egal ob er das vor oder nach dem Mieter tut. Denn es kommt es nicht darauf an, dass der Gläubiger vor dem Schuldner, sondern vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Also: Der Mieter kann nach seiner Sicherheitsleistung nur hoffen, dass der Vermieter seinerseits die Sicherheit nicht leistet, weil sie ihm zu teuer ist und er deshalb keine Vollstreckung vornimmt.
3. Schutzantrag nach § 712 ZPO – ganz selten erfolgreich
Leistet der Vermieter Sicherheit, kann der Mieter noch einen Antrag nach § 712 ZPO stellen. Voraussetzung ist aber, dass die Vollstreckung dem Mieter „einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen“ würde. Wegen der Formulierung „nicht zu ersetzender Nachteil“ klappt das nur in seltenen Ausnahmefällen. Durch die Vollstreckung müssten irreversible Fakten geschaffen und irreparable Schäden (so gut wie) sicher zu erwarten sein. Auch hier hat der Vermieter Vorrang: Dem Antrag des Mieters ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Vermieters entgegensteht.
4. Räumungsschutz gem. § 765a ZPO – hilft auch fast nie
Danach kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Mieters eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn diese unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Vermieters wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Diesen Fall gibt es im Geschäftsraummietrecht praktisch nicht – die Norm greift auch dann nicht, wenn durch die Räumung die wirtschaftliche Existenz des Schuldners vernichtet oder erheblich gefährdet würde. Denn es handelt sich hierbei um einen der Räumung immanenten Umstand, der daher grundsätzlich keine besondere Härte begründet. Anders kann das – nach einer allerdings alten Entscheidung – sein, wenn der Schuldner andere Räumlichkeiten konkret in Aussicht hat und Interessen des Gläubigers nicht entgegenstehen.
5. Einstweilige Einstellung bei Rechtsmittel (§ 719 ZPO) – dasselbe in Grün
Auch die Einlegung einer Berufung hilft im Ergebnis nicht. Das Berufungsgericht muss über das „Ob und Wie“ einer Einstellung pflichtgemäß entscheiden und dabei die gegenseitigen Interessen von Gläubiger und Schuldner gegeneinander abwägen. Auch hier gibt das Gesetz dem Gläubiger den Vorrang, weil es ihm die Vollstreckung erlaubt. Die Berufung muss bei summarischer Prüfung Aussicht auf Erfolg versprechen. Daher sollte die Berufung sofort begründet werden. Das Berufungsgericht muss die Erfolgsaussichten beurteilen. Hier gibt es einen kleinen Lichtblick für den Mieter, der eine gute Berufungsbegründung hat: Die Erfolgsaussichten sollen nach einer Meinung in der Literatur nicht „überwiegend“ sein und es soll auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig sein. Aber: Auch für das Berufungsgericht müssen wirtschaftliche Erwägungen den Ausschlag geben. Da der Mieter – wie oben dargestellt – durch Sicherheitsleistung (§§ 708–712 ZPO) geschützt ist und die Gläubigerinteressen Vorrang haben, ist die Einstellung der Zwangsvollstreckung auch in diesem Fall die Ausnahme. Damit die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, muss ein Schaden konkret drohen der über die allgemeinen Nachteile hinausgeht, die eine Vollstreckung mit sich bringt.
Fazit: Die Strategie, „Ich lass mich mal verklagen, der Vermieter bekommt mich eh`nicht so schnell raus“, die manchen Wohnraummietern hilft (und zu ganz erheblichen Schäden beim Vermieter führen kann) funktioniert im Geschäftsraummietrecht nicht. Droht eine Klage, ist vielmehr eine vernünftige Risikoabwägung im Vorfeld nötig, um Handlungsoptionen auszuloten. Ist die Klage da, gibt es kaum mehr Spielraum für einen Plan B.
von Rechtsanwalt Johannes Hofele,
Fachanwalt für Steuerrecht
Breiholdt Rechtsanwälte