Ein vom Kalenderjahr abweichender Wirtschaftsplan entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Ein entsprechender Beschluss ist grundsätzlich anfechtbar. Ausnahmsweise ist die Anfechtung aber treuwidrig und daher erfolglos, wenn
- der abweichende Zeitraum jahrelang geduldet wurde,
- für den anfechtenden Eigentümer keine Nachteile entstehen und
- der Anfechtende nicht versucht hat, vor der Beschlussfassung darauf hinzuwirken, dass auf das Kalenderjahr umgestellt wird.
(OLG München, 17.2.2009 – 32 Wx 164/08)
Der Fall: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft stellt über mehrere Jahre hinweg Wirtschaftspläne auf, denen nicht das Kalenderjahr zugrunde liegt. Nachdem im Jahre 2007 erneut ein vom Kalenderjahr abweichender Wirtschaftsplan beschlossen wird, ficht ein Eigentümer diesen Beschluss plötzlich an.
Rechtlicher Hintergrund: Der Wirtschaftsplan mussfür ein Kalenderjahr erstellt werden (§ 28 Abs. 1 WEG). Dieses gesetzliche Gebot kann grundsätzlich nur durch eine Regelung in der Teilungserklärung oder durch sonstige Vereinbarung geändert werden. Eine generelle Änderung durch Mehrheitsbeschluss ist nicht möglich. Ein solcher Beschluss wäre nichtig. Wird in einer Eigentümergemeinschaft über Jahre hinweg abweichend vom Kalenderjahr – also falsch – abgerechnet und wurde diese Abrechnungsweise von den Wohnungseigentümern stets geduldet, kann die plötzliche Anfechtung eines Eigentümers treuwidrig und damit erfolglos sein.
Was sagt das Gericht?: Die Anfechtung scheitert! Nach Ansicht des Gerichts ist die Anfechtung des Wirtschaftsplans angesichts der erheblichen Schwierigkeiten, die mit einer rückwirkenden Umstellung der Abrechnungszeiträume verbunden wären, treuwidrig und muss daher erfolglos bleiben. Zwar entspricht der vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsplan nicht der gesetzlichen Vorgabe (§ 28 Abs. 1 WEG). Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Ordnungsvorschrift. Der Anfechtende hat vorliegend durch die richtige Abrechnungsweise keinerlei wirtschaftlichen oder sonstigen Vorteil. Zu berücksichtigen ist weiter, dass diese Abrechnungsweise jahrelang geduldet wurde. Ohne vorherige Aufforderung, den Wirtschaftsplan nunmehr ordnungsgemäß zu erstellen, ist die Beschlussanfechtung daher treuwidrig.
Praxishinweis: Der kritische Eigentümer sollte zuerst den Verwalter auffordern, auf das Kalenderjahr umzustellen. Der Verwalter muss diesem Wunsch entsprechen. Tut er es nicht, kann der Eigentümer anfechten, ohne den Einwand der Treuwidrigkeit zu riskieren.
von Rechtsanwalt Kai-Peter Breiholdt,
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Breiholdt Rechtsanwälte, Berlin