Die Koalition von SPD und CDU/CSU hatte eine Reform des Wohnungseigentumsrechts vereinbart. Das Gesetzesvorhaben dümpelt seitdem so vor sich hin. Jetzt hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Änderungsvorschläge erarbeitet und ihren Abschlussbericht vorgelegt.
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wurde zuletzt 2007 geändert. Vor 12 Jahren ging es im Wesentlichen um die Ausweitung der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, Änderungen im Verfahrensrecht und die Regelung der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Es blieben aber viele Fragen offen. Jetzt soll eine Reform erfolgen „um die Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer über bauliche Maßnahmen insbesondere in den Bereichen Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Förderung von Elektromobilität und Einbruchsschutz zu erleichtern“.
Zur diesen Zwecken verweist die Arbeitsgruppe nur auf die aktuellen Diskussionsentwürfe des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz bzw. des Bundesjustizministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – obwohl sie für die Eigentümerversammlung und Beschlussfassung Vorschläge macht und auch z.B. die Abschaffung des Quorums für die Beschlussfassung vorschlägt.
An dieser Stelle sollen aber zwei Punkte erwähnt werden, die seit langem diskutiert werden.
Kauf vom Bauträger und Werdende Gemeinschaft:
Nicht nur für Laien schwer zu begreifen ist das Konzept der „werdenden Gemeinschaft“. Hier geht es darum, wie die Gemeinschaft entsteht, wenn ein Eigentümer ein Grundstück nach § 8 WEG teilt und die gar noch nicht bestehenden Wohnungen verkauft. Er ist ja erst mal Alleine und kann daher keine Gemeinschaft sein. Mit Übergabe der ersten Wohnung wird ein Käufer aber kein Eigentümer – das wird er erst mit Eintragung im Grundbuch. Wenn der Käufer aber schon in seiner Wohnung lebt – was ist dann mit der Verwaltung, Beschlussfassung usw.? Kann der Bauträger alles alleine bestimmen, solange es mangels Grundbucheintragung noch keinen zweiten Eigentümer gibt?
Hier schlägt die Arbeitsgruppe die „Ein-Mann-Gemeinschaft“ vor (Ziff III). Der Begriff ist ein Paradox und erinnert an das Lied des französischen Liedermachers Renaud, der ganz alleine eine komplette Jugendbande aufmacht. Er beschreibt die vielen Vorteile, die unter anderem darin liegen, dass er ja immer das Kommando hat und er sich selbst immer gehorcht. Man braucht ja Disziplin in so einer Gang. Davon träumt ja auch mancher Eigentümer. Trotz der sprachlichen Merkwürdigkeit ist das Konzept aber bedenkenswert.
Gemeinschaft als „Gesellschaft“?
In ähnliche Richtung geht auch der Vorschlag, die „Grundsätzliche Rolle der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ neu zu bestimmen. Kaum ein Eigentümer, der kein Fachanwalt für Miet- und WEG Recht ist, kann erkennen, wer wem gegenüber verpflichtet ist. Und die meisten Eigentümer verstehen nicht, warum sie bei einer Anfechtungsklage verklagt werden obwohl sie doch bei der Versammlung gar nicht anwesend waren, was vielen älteren Personen buchstäblich schlaflose Nächte bereitet.
Die Arbeitsgruppe schlägt eine Art gesellschaftsrechtliches Konzept vor: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer soll zur Trägerin der gesamten Verwaltung werden, die durch ihre Organe handelt (Versammlung der Wohnungseigentümer als Willensbildungsorgan; Verwalter als Vertretungsorgan).
Dieses „halte ich für „eigentlich“ richtig. Aber genauso „eigentlich“ ist diese Frage m.E. gar nicht mit „richtig“ oder „falsch“ zu beantworten: Denn die Antwort hängt davon ab, wie man das Verhalten der Eigentümer generell bewertet. In den Eigentümerversammlungen geht es zu wie in einem Verein: Es gibt die Passiven, die Macher, die Unbeteiligten, die Engagierten, die Egoistischen, die Konstruktiven, der ganz normale Zoo halt. Das merken die meisten Käufer oft erst in der ersten Versammlung, weil beim Erwerb der Wohnung im Vordergrund steht, dass man in das „eigene Heim“ einziehen will. Die Erkenntnis, dass man Teil einer „Gemeinschaft“ mit den beschriebenen Mitgliedern wird, reift aber durchaus, sobald man einem Kaufinteressenten (oder einem Eigentümer im Streitfall) diesen Umstand klar macht.
Nach meiner Wahrnehmung ist das Konzept, wonach man als Teil einer Gruppe (also wie ein Vereinsmitglied) einerseits mit anderen Mitgliedern zu tun hat, aber andererseits auch einer eigenständigen Entität (Verein) gegenübersteht, vielen Eigentümern leichter eingängig, als eine eher diffuse „Gemeinschaft der Eigentümer“. Auch höre ich oft, wie gerade für die Beschlussfassungen und auch im Hinblick auf die Stellung von Verwalter und Verwaltungsbeirat oftmals „Kenntnisse“ aus dem Vereinsrecht auf die Wohnungseigentümergemeinschaft „übertragen“ werden. Und um „unbescholtenen“ Eigentümern die schlaflosen Nächte zu ersparen, weil sie „vor Gericht stehen“, scheint mit die „gesellschaftsrechtliche“ Ausgestaltung der Eigentümergemeinschaft durchaus lebensnah.
von Rechtsanwalt Johannes Hofele,
Fachanwalt für Steuerrecht
Breiholdt Rechtsanwälte