Muss auch der entgangene Gewinn ersetzt werden?

Wird eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus vermietet und nach Mietbeginn das Haus in Eigentumswohnungen aufgeteilt, so steht dem Mieter bei dem ersten Verkauf seiner Wohnung ein gesetzliches Verkaufsrecht zu (§ 577 BGB).
Es handelt sich um ein gesetzliches Vorkaufsrecht, welches nicht im Grundbuch eingetragen ist. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass der Mieter – trotz entsprechender gesetzlicher Verpflichtungen – nicht von der Möglichkeit der Ausübung seines Vorkaufsrechts informiert wird. Ist der Käufer über diesen rechtlichen Hintergrund nicht informiert und erwirbt er die Wohnung gutgläubig, so gilt das Geschäft und der Mieter ist um sein Vorkaufsrecht gebracht. Allerdings kann er dann Schadensersatz vom Verkäufer/Vermieter verlangen. Die Frage ist, ob dazu auch ein möglicher entgangener Gewinn gehört.

Was sagen die Gerichte?
Der BGH (VIII ZR 51/14 vom 21.01.2015) hat einen solchen Anspruch auf entgangenen Gewinn nunmehr anerkannt. Im entschiedenen Fall war eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Hamburg verkauft worden, ohne dass der Mieter auf sein bestehendes Vorkaufsrecht hingewiesen worden war. Nach Vollzug des Kaufvertrages bot der neue Eigentümer/Vermieter dem Mieter an, die Wohnung zu einem Preis von EUR 266.250,00 zu erwerben. Er selbst hatte die Wohnung zu einem Preis von EUR 186.571,00 erworben. Die Differenz betrug also EUR 79.428,75.
Entgegen anderslautender Auffassung in der Literatur geht der BGH davon aus, dass der Mieter unmittelbar Ersatz des Schadens in Form des entgangenen Gewinns verlangen kann, wenn der Verkäufer die Wohnung wegen Weiterveräußerung nicht mehr an ihn übereignen kann. Die Mitteilungspflicht des § 577 BGB solle dem Mieter nämlich genau vor dieser Situation schützen.
Insoweit könne der Schaden auch in entgangenem Gewinn bestehen. Der § 577 BGB bezwecke jedenfalls auch, dem Mieter die Möglichkeit zu geben, die Wohnung zu einem Kaufpreis zu erwerben, den auch ein Dritter zu zahlen bereit sei.
Vom Grundsatz her gab der BGH dem Mieter also Recht; er verwies allerdings zurück an das Landgericht, das zur endgültigen Urteilsfindung noch weitere Feststellungen zu treffen habe.

Praxishinweis:
Dass ein Mieter bei Vereitelung seines Vorkaufsrechts Anspruch auf Schadenersatz hat, ist nicht neu. Nach der BGH-Entscheidung steht nunmehr aber fest:
Das kann auch richtig teuer werden.