Es kann nicht oft genug betont werden: Mündliche Abreden in Gewerbemietverträgen sind gefährlich, weil sie den einen eigentlich auf lange Zeit fest abgeschlossenen Vertrag vorzeitig kündbar machen. Klauseln, die das verhindern sollen helfen nicht: Schriftformklauseln sind unwirksam, egal ob einfach oder doppelt, auch Schriftformheilungsklauseln helfen nicht – diese sind sogar als Individualvereinbarung unzulässig. Kündigt eine Seite wegen eines Schriftformverstoßes, wendet die andere Seite oft ein, das wäre „unfair“ – juristisch gesagt: Der Kündigende verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Das hilft aber in der Regel nicht: Gerade wieder hat der BGH (Urteil vom 27.09.2017 – XII ZR 114/16) bestätigt, dass sich grundsätzlich jede Partei auf einen Schriftformverstoß berufen darf. „Nur ausnahmsweise, wenn die vorzeitige Beendigung des Vertrags zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, kann es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie sich darauf beruft, der Mietvertrag sei mangels Wahrung der Schriftform ordentlich kündbar. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn bei Formwidrigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre“.
Im entschiedenen Fall hatte der Vermieter eine Änderung des Vertrages verlangt, die ihn begünstigte. Der Mieter akzeptierte das, aber es wurde – wie so oft in der Praxis – versäumt, die Änderung in einem richtigen Nachtrag zum Mietvertrag festzuhalten. Der Vermieter kündigte dann später mit der Begründung, dass der Nachtrag nicht der Schriftform genüge. Das geht dann doch nicht, meint der BGH:
Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn eine Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Abrede, die lediglich ihr vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihr inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu lösen.
Die Fälle, in denen ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt, sind aber die Ausnahme. Daher wieder das Mantra: Alles, was den Vertrag irgendwie verändert, muss in einem richtigen (!) Nachtrag festgehalten werden. Das gilt auch und gerade für solche Änderungen, die mehr oder weniger unausgesprochen erfolgen, wenn also eine Seite „nur mal fragt“ und die andere das akzeptiert. Zwar sind „unwesentliche“ Änderungen nicht erfasst – aber darüber, was darunter fällt, kann man trefflich streiten.
von Rechtsanwalt Johannes Hofele,
Fachanwalt für Steuerrecht
Breiholdt Rechtsanwälte