Welche Grenzen müssen bei ihrer Anwendung beachtet werden?
Die Gemeinschaftsordnung ist eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer, die nur einvernehmlich – d.h. von allen Wohnungseigentümern – verändert werden kann. Manche Gemeinschaftsordnungen erhalten aber sogenannte Eröffnungsklauseln. Diese besagen dann, dass die Gemeinschaftsordnung – oder einzelne Teile davon – auch mit einer anderen Mehrheit verändert werden darf. Solche erforderlichen Mehrheiten werden häufig mit 2/3 oder 3/4 festgelegt.
Trotzdem bleibt auch bei einer solchen erleichterten Möglichkeit zur Änderung der Gemeinschaftsordnung die Frage, wieweit solche Änderungen gehen dürfen.

Was sagen die Gerichte?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich im vergangenen Jahr dazu geäußert (V ZR 315/13). In der Gemeinschaftsordnung einer Eigentümergemeinschaft war bestimmt, dass die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft obliege. Zugleich sah die Gemeinschaftsordnung die Möglichkeit vor, durch Beschluss mit 2/3 Mehrheit die entsprechenden Vorschriften zu ändern.
In der Anlage gab es zwei Erdgeschosseinheiten, denen ein Sondernutzungsrecht an Gartenflächen zugewiesen war. Die Gemeinschaftsordnung enthielt aber keine Regelung darüber, dass die Sondernutzungsberechtigten auch die Instandhaltung dieser Sondernutzungsflächen tragen sollten. Deshalb beschlossen die Eigentümer auf einer Versammlung mit einer 2/3 Mehrheit, dass diese Sondernutzungsberechtigten zukünftig für die Instandhaltung zuständig sein sollten und auch die dadurch entstehenden Kosten zu tragen hätten.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Klage wurde vom Amtsgericht und Landgericht zurückgewiesen, da der Beschluss ja die erforderliche Mehrheit aufgewiesen habe. Dies sah der BGH jedoch anders. Zwar sei die erforderliche Mehrheit nach der Teilungserklärung (2/3) erreicht worden; das bedeutet aber nur, dass der Beschluss formell nicht zu beanstanden sei. Daneben müsse aber auch geprüft werden, ob der Beschluss materiell – also inhaltlich – nicht zu beanstanden sei. Zum Schutz der Minderheit seien nämlich „fundamentale inhaltliche Schranken“ zu beachten. Dazu gehörten u.a. unentziehbare und unverzichtbare Individualrechte.
Zu diesen geschützten Rechten gehöre auch das sogenannte Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Übertragung neuer Leitungspflichten schütze. Gegen dieses Verbot verstoße der Beschluss, weil er den zwei Erdgeschosseigentümern erstmalig eine solche neue Leistungspflicht auferlege.

Praxishinweis:
Allein die Möglichkeit, die Gemeinschaftsordnung nur durch eine in der Öffnungsklausel herabgesetzte Mehrheit zu ändern, ist also noch kein Freifahrtschein. Entsprechende Beschlüsse müssen noch inhaltlich geprüft werden. Allerdings macht die BGH-Entscheidung diese Prüfung nicht einfacher, denn  Änderungen von Gemeinschaftsordnungen gehen häufig damit einher, dass einigen Eigentümern größere Belastungen auferlegt werden als vorher.