Der Mietendeckel wurde am 22.02.2020 veröffentlicht und ist seit 23.02.2020 in Kraft (den Text können Sie hier online einsehen bzw. hier herunterladen; die Gesetzesbegründungen finden Sie ganz unten). Viele Fragen habe ich gemeinsam mit zwei Kolleginnen am Lesertelefon der Berliner Morgenpost beantwortet, wobei deutlich wurde, wie sehr sich Vermieter davon belastet fühlen. Da das nicht nur gefühlt so ist, sondern tatsächlich erhebliche Risiken bestehen, habe ich das Wichtigste für Vermieter nochmals zusammengefasst:
Mietverträge, die ab 23.02.2020 abgeschlossen wurden:
- Höhere Mieten als die Mietendeckelmiete sind verboten (§§ 4, 5).
- Das heißt aber nicht, dass Sie das einfach nur so in den Mietvertrag schreiben sollten, sonst verlieren Sie Ansprüche, falls das Gesetz für verfassungswidrig erklärt wird oder ausläuft. Denn nach der Gesetzesbegründung soll das Gesetz nicht unmittelbar (aus)gestaltend in Vertragsverhältnisse eingreifen. Deren Zustandekommen und Inhalt soll sich alleine nach dem BGB richten. Durch das Gesetz soll nur die Ausübung der Rechte begrenzt werden.
- Sie müssen dem Mieter die entsprechenden Umstände, die zu dieser Miete führen,
- ungefragt
- vor Mietvertragsabschluss mitteilen (§ 6 Abs. 4 Satz 2)
- Außerdem: Nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 4 müssen Vermieter den Mietern unaufgefordert vor Abschluss eines neuen Mietvertrages und jederzeit auf Verlangen des Mieters oder des zuständigen Bezirksamtes die zum Stichtag vereinbarte oder geschuldete Miete schriftlich oder elektronisch mitteilen. Macht zwar keinen Sinn, steht aber so im Gesetz.
Mietverhältnisse, die vorher geschlossen wurden:
HIer heißt es noch viel mehr, aufzupassen:
Mietzahlungen für Mieterhöhungen, die nach dem 18.06.2019 wirksam wurden.
Die Miete soll auf den 18.06.2019 „eingefroren“ werden. Hat sich die Miete danach aber wirksam erhöht (etwa aufgrund einer Staffelmiete), gilt bis zum 22.02.2020 die höhere Miete. Sie dürfen aber schon die März-Miete nicht mehr in dieser vollen Höhe entgegen nehmen! Sie dürfen ab März nur die Miete „erhalten“ oder „behalten“, die am 18.06.2019 galt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne erforderliche Genehmigung nach § 8 eine höhere als die nach den §§ 3 bis 7 zulässige Miete fordert oder entgegennimmt.
Aber Vorsicht: Wenn sie mit dem Mieter kommunizieren, beziehen Sie sich immer ausschließlich auf die Rechtslage nach dem Mietendeckelgesetz, sagen oder schreiben Sie nicht, dass sich die Miete „vermindert“ hätte oder „gesenkt“ sei oder ähnliches. Denn wie eingangs ausgeführt, soll das Mietendeckelgesetz nichts an den vertraglichen Vereinbarungen ändern!
Für alle Bestandsmietverhältnisse müssen Vermieter vorsorglich zwei Fristen notieren:
- Spätestens am 23.04.2020 müssen die Mieter über die Umstände informiert werden, die für die Mietobergrenze maßgeblich sind (§ 6 Abs. 4 Satz 1.
- Die Mietabsenkung tritt dann am 22.11.2020 in Kraft (§ 5 i.V.m.Artikel 4 Abs.1 Satz 2).
Auskunftspflichten
Das Gesetz sieht noch andere Auskunftspflichten für Vermieter (übrigens auch für Mieter) vor, auch diese sind bußgeldbewehrt!
Zweifelsfragen
Abgesehen von der viel diskutierten Fragúe, ob das Gesetz verfassungsgemäß ist, ist das Gesetz für Vermieter kaum verständlich. Es gibt einfach zu viele Zweifelsfragen, weil das Gesetz handwerklich schlecht ist. Auch die Gesetzesbegründung ist m.E. widersprüchlich. Nach der letzten Gesetzesbegründung (Seite 4 zweiter Absatz) soll folgendes gelten.
„Vor diesem Hintergrund [der unterschiedlichen Kompetenzen von Bund und Land, Anm d.Verf.] greift das MietenWoG Bln nicht unmittelbar (aus)gestaltend in bestehende oder nach Inkrafttreten des Gesetzes abzuschließende Vertragsverhältnisse ein, deren Zustandekommen und Inhalt sich vielmehr allein nach den Bestimmungen des BGB richtet. Die sich aus solchen Vereinbarungen ergebenden Rechte können im Geltungszeitraum des Gesetzes allerdings nur in den vom MietenWoG Bln gesetzten öffentlich-rechtlichen Grenzen ausgeübt werden.“ Wie war das mit den essentialia negotii, die für den Mietvertrag zivilrechtlich erforderlich sind: Parteien, Objekt, Laufzeit und … Preis? Auch wenn sich das Land Berlin ein Preissetzungsrecht herausnimmt, ist diese Begründung so schlicht falsch. Aber egal, so als normalem Anwalt ist mir das eh zu hoch. Das größte Problem wird sich ohnehin daraus ergeben, dass es sehr holzschnittartig gefasst ist – die Vielfalt der Mietverhältnisse ist nicht im Ansatz abgebildet. Es werden alle über einen Kamm geschert. M.E. ist auch dies ein verfassungsrechtliches Problem. Denn nach Art. 3 muss nicht nur gleiches gleich, sondern auch ungleiches ungleich behandelt werden. Der zweite Teil wird immer gern vergessen.
Schon die Rückwirkungsregelung auf den Stichtag 18.06.2019 ist sprachlich eher nicht verständlich.
Ohne Erläuterung auch nicht zu verstehen: In § 4 heißt es, dass eine Miete verboten ist, „welche die Mietobergrenzen überschreitet, die sich aus den §§ 6 und 7 ergeben“. In § 5 heißt es: „Eine überhöhte Miete im Sinne dieses Gesetzes ist verboten. Eine Miete ist überhöht, soweit sie die nach Berücksichtigung der Wohnlage bestimmte Mietobergrenze aus den §§ 6 oder 7 Absatz 1 um mehr als 20 Prozent überschreitet und nicht nach § 8 genehmigt ist„. Welche Miete ist nun verboten? Das erschließt sich nur, wenn man weiß, dass § 5 erst am 23.11.2020 in Kraft tritt. Dann kann man vermuten, dass die Wohnlage nur für die „Absenkungsmiete“ gilt. Ein normaler Vermieter, der nur das Gesetz liest, hat keine Chance, sich das zu erschließen.
Die Wohnlagekarte gibt es heute natürlich auch noch nicht: Diese wird gem. § 5 Abs. 3 erst noch durch Rechtsverordnung festgesetzt. § 5 tritt aber erst am 23.11.2020 in Kraft. Selbst wenn man unterstellt, dass der Vermieter im Rahmen seiner Auskunftspflicht nach § 6 Abs. 4 die Wohnlage nicht angeben muss (kann er ja auch gar nicht, weil es die nicht gibt), sondern dieser Umstand nur für die „Absenkungsmieten“ relevant sein soll, so hat der Vermieter doch spätestens am 23.11.2020 ein Problem, wenn er die Wohnlage nicht kennt. Auch so eine Regelung, die irgendwie schwer nachvollziebar ist.
Härtefälle
Wie schon ausgeführt, war ich am 15.02.2020 am Lesertelefon der Berliner Morgenpost. Bei mir waren die meisten Anrufer zufällig Vermieter. Die Reaktionen reichten von Ratlosigkeit über Unmut bis hin zur blanken Verzweiflung – mehrere Vermieter wussten schlicht nicht, wie sie eine fällige Anschlussfinanzierung bekommen sollen.
Es gibt zwar eine Härtefallregelung in § 8. Anträge kann man auf der Homepage der IBB stellen. Dort gibt es ein Antragsformular mit zwei Excel-Tabellen. In welchem Zeitraum die Anträge bearbeitet werden, ist offen. Klar ist nur, dass die ursprünglich vorgesehene dreimonatige Bearbeitungsfrist nach Protesten der IBB einfach gestrichen wurde.
Modernisierungen
Auch hierfür gibt es ein Formular bei der IBB.
Gesetzesmaterialien
Abgeordentenhaus DrS 18-2347 vom 29.11.2019
Änderungsantrag 18-0244 -SPD-LINKE-GRÜNE
Abgeordnetenhaus DrS 18-2437 (endgültiger Gesetzestext aufgrund des Änderungsantrages) vom 22.01.2020
von Rechtsanwalt Johannes Hofele,
Fachanwalt für Steuerrecht
Breiholdt Rechtsanwälte