Der Bieter kann sein Gebot nicht wegen eines Irrtums über die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte anfechten
BGH, Beschluss vom 05. Juni 2008 – V ZB 150/07
Ein Grundstück kommt zur Zwangsversteigerung. Der Rechtspfleger gibt die Versteigerungsbedingungen bekannt, wonach u.a. Rechte im Wert von EUR 43.256,29 bestehen bleiben. Ein Bietinteressent erscheint erst nach Bekanntgabe dieser Versteigerungsbedingungen, gibt ein Gebot in Höhe von EUR 70.000,00 ab und entfernt sich dann wieder aus dem Gerichtssaal. Der Zuschlag wird ihm erteilt. Einen Tag später erklärt er, dass er sein am Vortag im Versteigerungstermin abgegebenes Gebot anfechte. Das Vollstreckungsgericht erteilt ihm gleichwohl den Zuschlag. Seine dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos. Auch die Rechtsbeschwerde beim BGH hilft ihm nicht.
Rechtlicher Hintergrund:
Nach § 119 Abs. 1 BGB kann jemand, der bei der Abgabe seiner Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war (Inhaltsirrtum) oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungsirrtum), die Erklärung anfechten. Eine wirksame Anfechtung führt dazu, dass die Erklärung nichtig ist, d.h. so behandelt wird, als wäre sie nie abgegeben worden. Nicht jeder Irrtum berechtigt allerdings zur Anfechtung. So auch hier.
Gründe des Gerichts:
Die Frage, ob man sein abgegebenes Gebot im Versteigerungstermin überhaupt anfechten kann, beantwortet der BGH „noch“ nicht. Nach seiner Rechtsauffassung liegt hier überhaupt kein relevanter Irrtum vor. Ein so genannter Erklärungsirrtum scheide aus, weil der Bietinteressent im Versteigerungstermin ein Gebot habe abgeben wollen.
Auch ein Inhaltsirrtum liege nicht vor. Die Teilnahme am Bietgeschäft erfordere von dem Bieter sich auch über die Versteigerungsbedingungen (z.B. bestehen bleibende Rechte) zu informieren. Unterlaufe dem Bieter hier ein Fehler bei der Berechnung seines Gebotes, so liege ein so genannter Motivirrtum vor. Ein Motivirrtum berechtigt nach der Rechtsprechung des BGH aber nicht zur Anfechtung.
Kommentar:
Dem sehr ausführlich begründeten Urteil ist zuzustimmen. Zu den Grund-voraussetzungen für die Abgabe eines Gebots gehört es, sich über die Versteigerungsbedingungen vorher zu informieren.
von Rechtsanwalt Kai-Peter Breiholdt,
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Breiholdt Rechtsanwälte, Berlin