Muss die Kündigungserklärung innerhalb eines „angemessenen“ Zeitraums nach Vorliegen des Zahlungsrückstandes des Mieters ausgesprochen werden?

In den §§ 543 und 569 BGB sind die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsrückstands des Mieters geregelt. Nicht bestimmt ist dort, wie schnell der Vermieter reagieren muss, wenn ein zahlungsbegründender Rückstand vorliegt.
Hier gibt es aber den § 314 Abs. 3 BGB. Diese bestimmt für sogenannte Dauerschuldverhältnisse – zu denen auch der Mietvertrag zählt – dass die Kündigung „… innerhalb einer angemessenen Frist …“ auszusprechen ist.
Im Bereich des Wohnungsmietrechtes war bisher höchst richterlich ungeklärt, ob der § 314 Abs. 3 BGB auch für Mietverhältnisse Anwendung findet und was eine „angemessene Frist“ dann sein könnte.

Was sagen die Gerichte:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Frage jetzt entschieden (VIII ZR 296/15 vom 13.07.2016). Eine Mieterin hatte die fälligen Mieten für Februar und April 2013 nicht gezahlt. Erst im August 2013 mahnte die Vermieterin sie deshalb ab. Die Mieterin entschuldigte sich für die Nichtzahlung der Mieten, zahlte aber gleichwohl nicht.
Am 15.11.2013 sprach die Vermieterin dann die fristlose Kündigung aus.
Die Vorinstanz – das LG Düsseldorf – war hier der Meinung gewesen, dass die Kündigungserklärung zu spät ausgesprochen worden sei. Dies begründete es unter Rückgriff auf den § 314 Abs. 3 BGB, wonach Kündigungserklärungen innerhalb einer angemessenen Frist auszusprechen wären. Das LG Düsseldorf war der Auffassung, dass ein Zeitraum von mehr als sieben Monate zwischen Entstehen des Zahlungsrückstandes und Ausspruch der Kündigung zu lang sei.
Dieser Auffassung widerspricht der BGH. Er entscheidet nunmehr, dass § 314 Abs. 3 BGB für die fristlose Kündigung im Wohnraummietverhältnis keine Anwendung findet. Sowohl der Wortlaut der §§ 543 und 569 BGB als auch deren Entstehungsgeschichte im Gesetzgebungsverfahren gäben keinen Hinweis darauf, dass die Kündigung innerhalb „angemessenen Zeit“ zur erfolgen habe.
Eine solche Einschränkung sei vom Gesetzgeber nicht gewollt.

Praxishinweis:
Eine erfreulich klare Entscheidung des BGH. Nicht vergessen darf man allerdings, dass eine fristlose Kündigung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände treuwidrig, insbesondere verwirkt sein kann. Hier müssen aber schon besondere Umstände vorliegen, das heißt ein reiner Zeitablauf seit Ausspruch der Kündigung genügt nicht.