Der Verwalter darf zu bestimmten Tagesordnungspunkten einen Berater (hier: Rechtsanwalt) hinzuziehen,
- wenn das im Interesse aller Eigentümer ist (hier: komplizierte Beschlussfassung über umfangreiche Sanierung)
- kein Interessenskonflikt besteht und
- kein Eigentümer widerspricht.
OLG Köln, 22.6.2009 – 16 Wx 266/08
Der Fall: Die Eigentümergemeinschaft möchte das Gebäude umfangreich sanieren. Sie fasst darüber zwar einen Beschluss. Dieser wird jedoch angefochten und vom Gericht wegen inhaltlicher Unbestimmtheit für ungültig erklärt. Daher wird die Sanierung nochmals auf die Tagesordnung einer weiteren Versammlung gesetzt. Nun will der Verwalter auf Nummer sicher gehen. Er lädt einen Anwalt hinzu, der helfen soll, wirksame Beschlüsse zu fassen. Obwohl kein Eigentümer protestiert, ficht später ein Eigentümer alle an diesem Tag gefassten Beschlüsse an. Begründung: Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung.
Rechtlicher Hintergrund: Grundsätzlich ist die Wohnungseigentümerversammlung nicht öffentlich. Da jedoch immer wieder Bedarf besteht, für bestimmte Probleme einen Sachkundigen hinzuzuziehen (z.B. Architekt, Statiker, Rechtsanwalt), stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Verwalter eine solche Person „von außen“ zur Versammlung einladen darf. Das Meinungsspektrum hierzu ist breit: Es reicht von „nur zulässig, wenn alle einverstanden sind“ über „zulässig, wenn die Mehrheit per Beschluss einverstanden sind“ zur Ansicht, „zulässig, wenn niemand widerspricht“.
Was sagt das Gericht?: Das Gericht hält die Beschlüsse für gültig und lehnt die Anfechtung ab. Zwar ist die Versammlung nicht öffentlich. Zweck dieses Prinzips ist es aber, die Eigentümer von sachfremden Einwirkungen frei zu halten. Dem steht nicht entgegen, dass der Verwalter zu bestimmten Tagesordnungspunkten einen Anwalt als Berater einlädt. Voraussetzung: Es besteht kein konkreter Interessenskonflikt und niemand widerspricht. Beides ist hier der Fall. Hinzu kommt, dass wegen der Komplexität der Sanierung es im Interesse aller Eigentümer lag, formell wirksame Beschlüsse zu fassen. Zwar gehören „bestimmte rechtliche Grundkenntnisse“ zu den Kernaufgaben des Verwalters. Das schließt jedoch nicht aus, dass er „im Einzelfall bei anstehender komplizierter Beschlussfassung“ einen Anwalt hinzuzieht.
Praxishinweis: Der Verwalter muss darauf achten, dass er den Anwalt nur für einen bestimmten TOP hinzuzieht. Am Besten, er kündigt dessen Teilnahme schon im Einladungsschreiben an, denn dann fühlt sich niemand überrumpelt.
von Rechtsanwalt Kai-Peter Breiholdt,
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Breiholdt Rechtsanwälte, Berlin