Erfahrene Verwalter kennen das: Auf einer Eigentümerversammlung wird ein Tagesordnungspunkt zur Abstimmung gestellt. Nach der Abstimmung überlegt es sich ein Wohnungseigentümer anders und verlangt vor Beendigung der Eigentümerversammlung, dass die von ihm abgegebene Stimme in der entgegengesetzten Richtung (z.B. ja statt nein) gewertet wird.
Dann stellt sich für den Versammlungsleiter die Frage, ob ein Widerruf überhaupt möglich ist und bis zu welchem Zeitpunkt dies zu geschehen hat.
Was sagen die Gerichte?
Grundsätzlich gilt, dass die Stimmabgabe eine sogenannte empfangsbedürftige Willenserklärung ist, die mit Zugang wirksam wird.
Vereinzelt wird vertreten, dass eine solche Willenserklärung bis zur Abgabe der letzten Stimme in der Abstimmung widerrufen werden kann, da erst dann die Abstimmung beendet sei. Noch weitergehend wird vertreten, dass die Stimmabgabe bis zur Verkündung des Beschlussergebnisses widerrufen werden kann.
Die herrschende Meinung ist aber der Auffassung, dass die Stimmabgabe in dem Augenblick wirksam wird, in dem Versammlungsleiter sie zur Kenntnis nimmt. Dies hat der Bundesgerichtshof (V ZR 454/11) jetzt auch noch einmal für die Stimmabgabe durch Stimmzettel entschieden.
Im entschiedenen Fall war ein Tagesordnungspunkt auf Grund von Stimmzetteln abgestimmt worden. Nach der Einsammlung der Stimmzettel wollten zwei Wohnungseigentümer ihre Stimmabgabe noch einmal ändern.
Dies hielt der BGH nicht für zulässig. Mit Übergabe des Stimmzettels an den Versammlungsleiter sei kein Widerrufen mehr möglich gewesen.
Praxishinweis:
Die Entscheidung hat auch für Stimmabgabe durch Handaufheben Bedeutung. In dem Augenblick, in dem der Versammlungsleiter mit der Durchzählung beginnt, kann die jeweils abgezählte Stimme nicht mehr widerrufen werden.
von Rechtsanwalt Kai-Peter Breiholdt,
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Breiholdt Rechtsanwälte, Berlin