Worum geht es? Ein Gewerbemietvertrag muss nicht schriftlich abgeschlossen werden, um wirksam zu sein. Soll er allerdings für längere Zeit als ein Jahr gelten (was bei den meisten Gewerberaummietverträgen der Fall ist), schreibt § 550 BGB die Schriftform vor. Damit diese eingehalten ist, müssen beide Parteien auf derselben Urkunde unterzeichnen, ein Briefwechsel reicht grundsätzlich nicht. Und Unterzeichnung heißt: Eigenhändige Namensunterschrift. Jede (nicht ganz nebensächliche) Abrede, die bei oder auch nach Abschluss des Vertrags getroffen wird und nicht dieser Form entspricht, macht Vertrag zwar nicht nichtig, aber er gilt dann “für unbestimmte Zeit”. Durch einen Schriftformverstoß fällt also die vereinbarte Laufzeit quasi per Gesetz weg: Es ist so, als ob die Parteien die Laufzeit gar nicht vereinbart hätten; jede Partei kann also mit gesetzlicher Frist kündigen.
Und was ist das Problem? In der Praxis erweist sich dieser Paragraph immer wieder als Falle: Sehr oft kommt es nämlich im Laufe des Mietverhältnisses zu irgendeiner Vertragsänderung. Halten die Mietvertragsparteien die neue Abrede dann nicht in einem schriftlichen Nachtrag fest, wird der eigentlich noch für mehrere Jahre laufende Vertrag kündbar. Weil die Vertragspartner diese Problematik oftmals entweder nicht kennen oder im gelebten Mietverhältnis übersehen, gibt es immer wieder unliebsame Überraschungen. Dies insbesondere für Mieter, wenn z.B. ein Grundstückserwerber den Mietvertrag plötzlich mit einer Frist von sechs Monaten kündigt. Die andere Seite kann sich auch nur ganz selten darauf berufen, dass die Kündigung wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam wäre.
Warum ist das so? § 550 BGB soll vornehmlich dazu dienen, dass sich ein Erwerber des Grundstückes – der ja kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein Mietverhältnis eintritt – über den Inhalt des langfristiges Mietverhältnisses informieren kann und insbesondere dessen (wesentliche) Bedingungen aus den schriftlichen Verträgen ersehen kann (Informations- und Schutzfunktion). Der Paragraph dient aber auch dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten (Beweisfunktion) und soll diese auch vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen schützen (Warnfunktion). Diese Zwecke führen nicht nur dazu, dass die Norm zwingend ist (sie kann also von den Parteien nicht „abbedungen“ werden, wie es juristisch heißt), sondern auch dazu, dass die meisten Klauseln in den Verträgen, die einen Schriftformverstoß vermeiden oder heilen sollen entweder unwirksam oder mehr oder weniger nutzlos sind.
Fazit: Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sind Problembewusstsein und ein gutes Vertragsmanagement erforderlich. Nicht nur beim Abschluss des Mietvertrages muss an die Schriftform gedacht werden, sondern gerade auch im laufenden Mietverhältnis. Und ganz wichtig: Ein „Bestätigungsschreiben“ reicht gerade nicht, um die Schriftform einzuhalten. Der Vertrag mit seinen Anlagen und vor allem auch die Nachträge müssen richtig gemacht sein.
von Rechtsanwalt Johannes Hofele,
Fachanwalt für Steuerrecht
Breiholdt Rechtsanwälte