Wer mit dem Gedanken spielt, eine Immobilie zu erwerben, sollte nicht nur die Immobilie selbst, sondern auch den Kaufvertrag genau unter die Lupe nehmen.
Das Vertragswerk eines Immobilienkaufvertrages ist für den unerfahrenen Käufer oft ein Buch mit sieben Siegeln. Was muss darin stehen? Was bedeuten die Fachbegriffe? Wozu verpflichtet man sich? Wer „einmal im Leben“ kauft, dem sind viele vom Notar vorgelesene Klauseln oft auf den ersten Blick nicht verständlich. Sicherheit gibt die Tatsache, dass der Notar verpflichtet ist einen Grundstückskaufvertrag neutral zu formulieren und die Parteien jeweils auf rechtliche Bedenken im Zusammenhang mit Einzelvereinbarungen hinzuweisen. Trotzdem gibt es immer wieder Überraschungen nach Abschluss des Kaufvertrages, weil zum Beispiel bestimmte Klauseln nicht richtig verstanden und interpretiert worden sind. Worauf sollte ein Grundstückskäufer bei dem Kauf von Eigenheimen und Eigentumswohnungen im Kaufvertrag also besonders achten?
Eine wichtige Informationsgrundlage beim Wohnungseigentum ist die Teilungserklärung. Bei der Begründung von Wohnungseigentum wird eine gesonderte Teilungserklärung (TE) beurkundet. Das Gesetz lässt es zu, dass diese Teilungserklärung vom Notar nicht noch einmal verlesen wird, wenn in dem notariellen Kaufvertrag auf die Teilungserklärung verwiesen wird. In diesem Falle sollte sich der Käufer unbedingt vor Beurkundung die Teilungserklärung aushändigen lassen und sorgfältig durchlesen. Die Teilungserklärung ist deshalb für den Käufer besonders wichtig, weil sie erhebliche Beschränkungen des zu erwerbenden Wohnungseigentums zum Gegenstand haben kann. So kann zum Beispiel nach der Teilungserklärung der Betrieb einer Gaststätte im Parterre der Wohnungsanlage für zulässig erklärt werden. Liegt die zu erwerbende Wohnung direkt darüber, hat der spätere Wohnungseigentümer mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen. Im Übrigen können auch andere Gewerbe nach der Teilungserklärung in der Wohnungseigentumsanlage gestattet werden. Andersherum sollte derjenige Käufer, der seine zu erwerbenden Räume gewerblich nutzen will, sich vorher davon überzeugen, ob er das beabsichtigte Gewerbe nach der Teilungserklärung auch tatsächlich ausüben darf.
Von besonderer Bedeutung ist die Teilungserklärung auch für die Frage, ob ein Wohnungseigentümer für Wohngeldrückstände des Verkäufers haftet. Ist dies in der Teilungserklärung vorgesehen, so besteht eine Einstandspflicht des Käufers für diese Schulden. Enthält die Teilungserklärung eine entsprechende Klausel, sollte sich der Kaufinteressent vorher bei dem Wohnungseigentumsverwalter nach bestehenden Rückständen erkundigen. Enthält die Teilungserklärung keinerlei Regelungen über die Haftung von bestehenden Wohngeldrückständen, haftet der Erwerber nicht.
Überzeugen sollte sich ein Kaufinteressent auch davon, dass in der Wohnungseigentumsanlage nicht überwiegender Leerstand vorhanden ist. Sieht die Teilungserklärung die Haftung des Wohnungseigentümers oder Teileigentümers auch für rückständige Wohngelder und weitere Lasten des Eigentums vor, so kann der Eigentumserwerb für den Käufer desaströs sein. Er haftet dann nämlich nicht nur für die Höhe seines Miteigentumsanteils, sondern im Innenverhältnis auch für die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums.
Auch beim Kauf einer vermieteten Wohnung gibt es einiges zu beachten. Erwirbt ein Käufer eine vermietete Eigentumswohnung als Kapitalanlage und nicht zur Eigennutzung, so muss er darauf achten, den Inhalt der Mietverträge zu kennen, das heißt insbesondere die Höhe der vereinbarten Miete und gegebenenfalls die Mietrückstände sowie bestehende Mietervorkaufsrechte. Ein Vorkaufsrecht besteht dann, wenn nach Vermietung der Wohnung Wohnungseigentum begründet wird und diese Wohnung jetzt erstmalig als Eigentumswohnung veräußert wird. In diesem Fall hat der Mieter ein gesetzliches Vorkaufsrecht, das ihn befähigt und berechtigt, innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis des notariellen Kaufvertrages die Eigentumswohnung zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben. Für den vorkaufsberechtigten Mieter heißt es hier Augen auf: Allein die schriftliche Mitteilung an den Verkäufer oder Notar, dass vom Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht wird, ist rechtlich ausreichend. Mit dieser schriftlichen Ausübung des Vorkaufsrechts kommt ein Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem vorkaufsberechtigten Mieter zustande. Einer notariellen Beurkundung bedarf es nicht. Ein vorkaufsberechtigter Mieter sollte sich also sehr sorgfältig überlegen, ob er von seinem Recht Gebrauch macht und ob ihm insbesondere die finanziellen Mittel zu den im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen zur Verfügung stehen. Eine Finanzierung durch eine Bank ist heute nicht mehr selbstverständlich. Es werden sehr strenge Anforderungen gestellt. Die Banken verfahren bereits heute auf der Grundlage der Kriterien von „Basel II“.
Sollte der Kaufpreis über dem Verkehrswert liegen – auch das kommt gelegentlich vor –, so ist die Differenz durch Eigenmittel von dem vorkaufsberechtigten Mieter zu belegen.
Der Käufer, der eine vermietete Eigentumswohnung erwirbt oder auch ein Mehrfamilienhaus kauft, sollte sich vom Verkäufer im notariellen Kaufvertrag die in den Mietverträgen vereinbarten Mieten garantieren lassen. Auch die Erklärung des Verkäufers, dass keine Mietrückstände bestehen, findet heute regelmäßig Aufnahme im Kaufvertrag.
Ein weiterer regelungsbedürftiger Punkt ist die Frage der Kaution: sind Kautionen in Mietverträgen vereinbart, wenn ja, welche und wie sind diese zu übergeben, ohne daß sie an den Mieter zurückfließen. Regelmäßig machen die Notare auf das Regelungsbedürfnis bei bestehenden Kautionen aufmerksam und schlagen eine sachgerechte neutrale Regelung vor.
Eine wichtige Frage beim Kauf einer Immobilie betrifft die Gewährleistungsausschlüsse. „Käufer sollten dringend darauf achten, ob sie eine neue oder gebrauchte Immobilie erwerben“, rät der Hamburger Notar Florian Möhrle. Gewährleistungsausschlüsse bei neuen Immobilien seien nämlich rechtlich unwirksam, während sie bei gebrauchten Immobilien üblich sind, betont Möhrle. Nur wenige wissen, dass neue Immobilien auch solche sein können, deren Gebäudealter weniger als ein Jahr beträgt. In solchem Falle sind Gewährleistungsansprüche, die der Verkäufer gegenüber seinen Baubeteiligten hat, üblicherweise an den Käufer abzutreten.
Auch bei Gewährleistungsausschlüssen für Gebrauchtimmobilien besteht gleichwohl eine Haftung des Verkäufers, wenn er wesentliche Mängel arglistig verschwiegen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt ein Verkäufer bereits dann arglistig, wenn er – auch ohne ausdrückliche Nachfrage des Kaufinteressenten – seine Kenntnis zum Beispiel von Hausbock oder Hausschwammbefall nicht offenbart. Ein Verkäufer tut gut daran, seine diesbezüglichen Kenntnisse im notariellen Kaufvertrag festzuhalten oder aber den Käufer beweisbar vorher darüber zu unterrichten, denn Kenntnis des Käufers von einem konkreten Mangel bedeutet nach dem Gesetz den Ausschluss der Haftung des Verkäufers. „Es gilt der Grundsatz: Lieber mehr als weniger in den Kaufvertrag aufnehmen lassen“, betont Möhrle.
Grundsätzlich ist jeder Verkauf einer Immobilie mit der Zahlung einer Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,5 Prozent des Kaufpreises verbunden. Nach regionalen Gegebenheiten unterschiedlich werden die übrigen Nebenkosten wie Maklercourtage und Gerichts- und Notarkosten zwischen den Parteien des Kaufvertrages aufgeteilt. Immer wieder versuchen findige Käufer, den Verkäufer die Grunderwerbsteuer zahlen zu lassen, um den Beleihungswert zu erhöhen. Intern gleichen die Käufer dies durch einen entsprechend höheren Kaufpreis aus.
Wird mit der Immobilie auch Inventar verkauft – beispielsweise eine voll eingerichtete Einbauküche –, so sollte dies im Kaufvertrag ausdrücklich ausgewiesen werden, und zwar mit einem gesonderten Kaufpreisteil. Dies ist deshalb von Vorteil, weil auf Inventarkosten keine Grunderwerbsteuer anfällt. Solange der sachgerechte Wert angegeben wird, gibt es keine Probleme mit dem Finanzamt. Dieses überprüft allerdings die Angaben auf ihre Stichhaltigkeit. Die Angabe eines Inventars beziehungsweise eines Inventarwerts hat aber auch Nachteile: Auf das Inventar wird in der Regel keine Eigenheimzulage gewährt und der Beleihungswert des Objekts verringert sich um den angegebenen Wert des Inventars.
Bei Verbraucherverträgen, das sind solche, bei denen auf der einen Seite ein Verbraucher beteiligt ist und auf der anderen Seite ein gewerblich Tätiger, zum Beispiel ein Bauträger, gilt, dass zwischen der Übersendung des ersten Entwurfs eines notariellen Grundstückskaufvertrages und dem Beurkundungsdatum eine Frist von zwei Wochen liegen muss, § 17 Abs. 2 a Beurkundungsgesetz. Diese von den Fachleuten so genannte „cooling-off Phase“ soll an sich den Verbraucher dazu anhalten, sich mit allen zur Beurkundung anstehenden Unterlagen vertraut zu machen. Solange der Verkäufer bereit ist, diese Frist abzuwarten, bestehen keine Probleme. Häufig möchte aber ein Kaufinteressent sofort kaufen und bittet demgemäß den Notar, schneller zu beurkunden. In Ausnahmefällen wird der Notar bereit sein, trotz der bestehenden gesetzlichen Regelung so zu verfahren, um den Parteien, die ihn darum bitten, zu helfen.
Bei dem Erwerb von neu zu errichtendem Wohnungseigentum geltend zwingend die Regelungen der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Sie sehen vor, dass der Käufer keine Vorleistungen tätigt und regelmäßig auch nur gegen Errichtung einzelner Bauabschnitte Teilzahlungen vornehmen muss. Ein Verstoß gegen die Regelungen der MaBV führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dazu, dass der Kaufpreis nur in einer Rate bei Fertigstellung fällig wird. Das bedeutet, dass der Bauträger hier vorleistungspflichtig wird und vor Fertigstellung keinerlei Zahlungen verlangen kann.
Die Gerichte halten zunehmend so genannte Erwerbermodelle für unzulässig, bei denen die Käufer nicht selbst und persönlich, sondern über einen zwischengeschalteten Treuhänder Eigentum an den Immobilien erwerben, wenn die Treuhänder keine Erlaubnis zur Rechtsberatung nach dem Rechtsberatungsgesetz haben. In solchen Fällen kann die erteilte Vollmacht zum Erwerb des Eigentums nichtig sein. Folgen können erhebliche Schwierigkeiten in der späteren Abwicklung sein. Ein Käufer sollte in diesem Falle darauf achten, dass er persönlich im Notartermin ist und auch Einfluss auf die vertragliche Gestaltung nehmen kann.
Auch bei den Kosten gibt es feste Spielregeln. Im Rahmen der Beurkundung ist die Beratung durch den Notar kostenlos, auch wenn die Beurkundung länger dauert. Es kann deshalb gar nicht genug angeraten werden, Beratung abzufordern und nicht nur den Notar vorlesen zu lassen. Eine Eieruhr läuft nicht, die Länge der Beurkundung spielt für die Notargebühr keine Rolle. Hingegen sind wirtschaftliche Fragen von den Parteien selbst zu klären, dies gilt insbesondere für die Höhe des Kaufpreises. Der Notar wird dazu regelmäßig kaum Auskünfte erteilen, es sei denn, es liegen krasse Missverhältnisse vor.
Neben der Möglichkeit, alle im Zusammenhang mit dem notariellen Kaufvertrag anstehenden rechtlichen Fragen durch den Notar klären zu lassen, besteht aber auch die Möglichkeit, einen versierten Anwalt im Immobilienrecht zu beauftragen, den notariellen Kaufvertragsentwurf zu überprüfen und dadurch eventuell auch eigene Interessen im Kaufvertrag durchzusetzen. Alles in allem: Auch im Immobilienrecht gilt der Grundsatz, dass Vertrauen gut aber Kontrolle besser ist.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 29. Mai 2005
von RA Kai-Peter Breiholdt
Breiholdt Rechtsanwälte, Berlin
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 29. Mai 2005