Wie beurteilt man, ob eine rein optische Änderung einen nicht hinzunehmenden Nachteil für die übrigen Eigentümer bedeutet und deren Zustimmung erfordert?

Bauliche Änderungen am Sondereigentum können den optischen Gesamteindruck eines Gebäudes verändern. Zu denken ist hier an Dachgärten, Dachterrassen oder Balkone. Werden dort Veränderungen vorgenommen, so bemisst sich deren Rechtmäßigkeit nicht nach § 22 WEG, weil diese Vorschrift nur für das Gemeinschaftseigentum gilt. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche können sich aber aus § 15 Abs. 3 WEG oder aus § 1004 BGB ergeben. Die Frage ist dann, welche Maßstäbe bei einer rein optischen Veränderung für das Vorliegen eines Nachteils zu Lasten der übrigen Eigentümer vorliegen müssen. 

Was sagen die Gerichte:

Der BGH (V ZR 49/16) hat sich jetzt sehr ausführlich mit dieser Frage beschäftigt. Ein Penthouse-Eigentümer hatte auf dem Dach des Gebäudes einen Dachgarten rechtmäßig errichtet. Im Rahmen einer Dachsanierung musste dieser Dachgarten beseitigt werden. Nach der Sanierung errichtete er einen in Form und Farbe veränderten Ersatz auf dem Dach. Eine Zustimmung der übrigen Eigentümer wurde nicht eingeholt.

Im Hinblick auf die Frage, ob dadurch ein Nachteil für die übrigen Eigentümer vorliege, führte der BGH wie folgt aus:

Es komme nicht darauf an, ob sich der wieder errichtete Dachvorbau von dem vorherigen Bauteil unterscheide; ein Nachteil im Sinne von § 14 WEG entstehe erst dann, wenn die Veränderung des einzelnen Bauteils auch zu einer erheblichen optischen Veränderung des gesamten Gebäudes führe. Dabei seien auch andere bis dahin vorgenommene bauliche Änderungen an dem Gebäude zu berücksichtigen.

Die Feststellung erfordere ein Vorher/Nachher-Vergleich, bei dem in wertender Betrachtung der optische Gesamteindruck des Gebäudes vor der baulichen Maßnahme dem danach entstandenen optischen Gesamteindruck gegenüberzustellen sei. 

Praxishinweis:

Allein die Veränderung eines nach außen sichtbaren Bauteils im Sondereigentum begründet also noch keinen Nachteil für die übrigen Eigentümer.

Interessant ist weiter, dass der BGH in diesen Fällen die §§ 22 Abs. 2 und 3 WEG für anwendbar hält. Handele es sich bei der Maßnahme am Sondereigentum um eine Modernisierung oder modernisierende Instandsetzung, genüge es deshalb, wenn die in den genannten Vorschriften jeweils bestimmte Mehrheit für einen Beschluss erreicht werde. Eine Zustimmung aller Wohnungseigentümer ist in diesen Fällen also nicht erforderlich.