Nichtigkeit des Bauträgervertrages wegen nicht notariell getroffener Nebenabreden; Schadensersatz wegen Verletzung von Hinweispflichten des Bauträgers
OLG Celle, Urteil vom 21.01.2010 – 5 U 118/09
Der Fall: Ein Ehepaar wollte ein Grundstück erwerben und neu bebauen. Zuvor musste jedoch die Wohnimmobilie veräußert werden, in welcher das Ehepaar lebte. Daher schlossen die Eheleute mit einem Bauträger einen Bauvertrag, der ein „kostenloses Rücktrittsrecht“ für den Fall eines Scheiterns der Veräußerung der Wohnimmobilie enthielt. Kurze Zeit darauf wurde ein notarieller Vertrag beurkundet, an dem neben den Parteien eine Gesellschaft beteiligt war, von der die Eheleute das zu bebauende Grundstück kauften. Der beurkundete Vertrag sah kein Rücktrittsrecht vor. Nachdem die Eheleute aufgrund Unverkäuflichkeit ihrer Wohnimmobilie vom Vertrag zurückgetreten waren, machte der Bauträger die Zahlung einer hohen Entschädigungssumme gegen sie geltend. Als Begründung führte er an, durch Beurkundung des neuen Vertrages ohne Rücktrittsrecht sei der ursprüngliche Vertrag und damit das Rücktrittsrecht gegenstandslos geworden.
Rechtlicher Hintergrund: Gem. § 311b BGB ist jeder Vertrag, in welchem der eine Teil sich verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, notariell beurkundungspflichtig. Dies bezieht sich auch auf alle im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung stehenden Nebenabreden.
Was sagt das Gericht? Die Klage des Bauträgers wird abgewiesen. Zweifelhaft sei angesichts der Beurkundungspflicht von Nebenabreden schon, ob der notarielle Vertrag überhaupt formwirksam zustande gekommen sei. Auch für den Fall der Wirksamkeit könne sich der Bauträger nicht auf das Fehlen einer Vereinbarung zum Rücktrittsrecht berufen. Den Eheleuten stehe ein Schadensersatzanspruch gegen den Bauträger dergestalt zu, dass die Eheleute so gestellt werden müssen, als sei der notarielle Vertrag nie geschlossen worden. Dies ergebe sich aus dem in § 249 S. 1 BGB enthaltenen Grundsatz des Schadensersatzes durch Naturalrestitution. Den Bauträger habe eine vertragliche Nebenpflicht getroffen, in den
notariellen Vertrag eine Rücktrittsklausel aufzunehmen. Dieser Nebenpflicht habe er nicht genügt. Ihm sei bekannt gewesen, dass Voraussetzung für die Finanzierung des Bauträgergeschäftes die Veräußerung der Wohnimmobilie der Eheleute sei und dass diese auf Grundlage des zuvor geschlossenen Bauvertrages von der fortbestehenden Geltung des Rücktrittsrechts ausgehen durften. Deshalb hätte der Bauträger vor der Beurkundung zumindest darauf hinweisen müssen, dass das Rücktrittsrecht nunmehr keine Geltung mehr habe. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass den Eheleuten der Vertragsentwurf eine Woche vor Beurkundung zur Kenntnis gegeben worden sei. Es sei zu viel verlangt, davon auszugehen, dass die Eheleute aus dem Fehlen eines Rücktrittsvorbehalt in dem umfangreichen Vertragswerk den rechtlichen Rückschluss hätten ziehen müssen, der Vorbehalt habe nach Beurkundung keine Wirkung mehr.
Praxishinweis: Wenngleich die Entscheidung von einem sehr weitgehenden Pflichtenkreis des Bauträgers insbesondere im Bereich der Informations- und Hinweispflichten ausgeht, ist Bauträgern vorsorglich zu raten, von dem Abschluss eines gesonderten, nicht notariell beurkundeten Bauvertrages abzusehen. Ein solcher führt zu hohen Risiken im Hinblick auf die Wirksamkeit des Bauträgervertrages und kann, wie im oben geschilderten Fall, sogar eine Schadensersatzpflicht nach sich ziehen.
von Rechtsanwalt Kai-Peter Breiholdt,
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Breiholdt Rechtsanwälte, Berlin