Hat ein Wohnungseigentümer das Recht, das Grundbuch eines anderen Wohnungseigentümers einzusehen?
Wer das Grundbuch eines anderen einsehen will, muss nach § 12 GBO ein berechtigtes Interesse darlegen. Ein solches rechtliches Interesse ist gegeben, wenn der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt; es müssen sachliche Gründe vorgetragen werden, welche die Verfolgung unberechtigter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen. Ein solches berechtigtes Interesse können zum Beispiel Gläubiger des Grundstückseigentümers haben, wenn sie auf Grund eines Vollstreckungstitels (z.B. Urteil) die Zwangsversteigerung betreiben möchten. Auch ein Mieter kann ein berechtigtes Interesse haben, wenn er herausfinden möchte, ob der Vermieter auch der tatsächliche Eigentümer ist.
Iin einer Eigentümergemeinschaft stellt sich von Zeit zu Zeit die Frage, ob ein Eigentümer das Wohnungsgrundbuch eines anderen Eigentümers einsehen darf.
Was sagen die Gerichte?
Die Rechtsprechung hält ein solches Einsichtsrecht für gegeben. Das Interesse eines Wohnungseigentümers, die Namen derjenigen Personen zu erfahren, mit denen er in einer Eigentümergemeinschaft verbunden ist, rechtfertige die Grundbucheinsicht. Uneinig ist man sich jedoch, was eingesehen werden darf. Das OLG Düsseldorf (NJW 1987, 1651) meint, dass das gesamte Wohnungsgrundbuch eingesehen werden dürfe. Dem hat das Kammergericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2014 (1 W 83/14) widersprochen. Im Normalfall dürfe nur das Bestandsverzeichnis und die Abteilung I eingesehen werden. Ein weiteres Einsichtsrecht stehe den übrigen Eigentümern jedenfalls so lange nicht zu, wie sich keine sonstigen Anhaltspunkte für eine Gefährdung ihrer Interessen ergäben.
Praxishinweis:
Das Kammergericht begründet seine Entscheidung unter anderem mit der Gesetzesänderung im Jahr 2007, durch die die WEG teilrechtsfähig wurde. Ob diese Rechtsauffassung vom BGH geteilt werden würde, bleibt einstweilen dahingestellt. Auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Kammergerichts sollte ein Einsichtsrecht in Abteilung II und III aber jedenfalls dann bestehen, wenn ein Eigentümer seinen finanziellen Verpflichtungen in der Eigentümergemeinschaft in erheblichem Maße nicht nachkommt.
von Rechtsanwalt Kai-Peter Breiholdt,
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Breiholdt Rechtsanwälte, Berlin