Darf die Eigentümergemeinschaft beschließen, einen Kredit aufzunehmen?

Die Frage, ob und wie die Eigentümergemeinschaft zur Finanzierung  ihrer beschlossenen Ausgaben einen Kredit aufnehmen kann, ist seit langen umstritten. Klar ist lediglich, dass es keine gesetzliche Kompetenz des Verwalters zur Aufnahme von Darlehen gibt (BGH, Az. V ZR 197/10). Was gilt aber, wenn die Eigentümergemeinschaft zur Finanzierung einer energetischen Sanierung oder zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses die Aufnahme eines Kredits beschließen will?

Was sagen die Gerichte ?
Sowohl vor als auch nach der Reform des WEG bestand bzw. besteht eine Kompetenz der Eigentümergemeinschaft, die Aufnahme von Darlehen zu beschließen (BGHZ, 104,197; BGH, NJW – RR 2011, 1093).
Dies bedeutet unter anderem, dass entsprechende Beschlüsse nicht nichtig, sondern nur anfechtbar sind. Unterbleibt die Anfechtungsklage, so werden die Beschlüsse rechtskräftig. Dies hat der BGH (V ZR 251/11 – www. Bundesgerichtshof.de) in diesem Jahr gerade noch einmal entschieden.
Nicht geklärt ist aber nach wie vor die Frage, welche Art von Krediten im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung beschlossen werden können. Vielfach wird hier die Meinung vertreten, dass lediglich eine kurzfristige Kreditaufnahme möglich ist, der Kredit die Hausgeldzahlungen aller Eigentümer für drei Monate nicht übersteigen darf und außerdem nur zur Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpass dienen soll (KG, NJW – RR 1994,1107; BayOblG, NJW – RR 2006,20; LG Bielefeld, NJW – RR 2012, 143).
Das AG Berlin Mitte (ZWE 2012,291) hält diese Meinung aber für veraltet. Es ließ deshalb einen Beschluss passieren, mit dem die Eigentümergemeinschaft den Verwalter beauftragt hatte, bei der KfW einen Kredit über Euro 240.000 für eine energetische Dachsanierung zu beantragen. Auch die Tatsache, dass der Zwangsverwalter einer der Wohnungen  im Objekt  geklagt hatte, änderte an der Entscheidung nichts: Es gäbe keine besonderen Nachteile oder Bindungen für den Zwangsverwalter bzw. die Zwangsverwaltungsmasse durch einen solchen Beschluss. Schuldner des Kredits sei die Eigentümergemeinschaft und nicht die einzelnen Eigentümer bzw. der Zwangsverwalter.

Praxishinweis:
Ob die Meinung des AG Berlin Mitte sich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Im übrigen weist auch dieses Gericht darauf hin, dass es immer auf eine Abwägung im Einzelfall ankommen wird. Bis zu einer Klärung durch den BGH sollte in Vorbereitung eines Kreditaufnahmebeschlusses deshalb vorsorglich rechtlicher Rat eingeholt werden.